Völkerverbindende Tradition

100 Jahre Imkerverein Taucha und Umgebung

Im Hochsommer vor 101 Jahren – zum Ausklang der Honigsaison 1920 – versammelten sich einige „unbescholtene, erwachsene Personen“ zum Zwecke der „Hebung, Förderung und Verbreitung der Bienenzucht“, wie es die damalige Satzung trefflich formuliert.

Diese Versammlung als Geburtsstunde der organisierten Bienenzuneigung und -pflege im Tauchaer Land hatte ihrerseits bereits kaiserliche Vorgänger, wie das unten stehende Faksimile des „Döbelner Anzeiger und Wochenblatt“ von März 1870 in zeitgemäßer Tonlage annonciert.

Der Verein startete mit einem Spektakel: 5.000 Akazien wurden 1920 und in den Folgejahren gepflanzt – eine Baumart, die mit ihren Blüten im Frühsommer herrlichen Honig garantiert.
Das Bild mit der 2003 als Ehrenmitglied des Vereins ausgezeichneten Ilse Fichtner zeigt – neben der Tatsache, dass Bienenhaltung keineswegs eine Männerdomäne sein muss – die Kontinuität des Imkerns. Noch heute sieht man ab und zu solche Bienenhäuser, wenn auch immer seltener, weil andere Haltungsformen sich als effizienter erwiesen haben.

Ilse Fichtner an ihrem Bienenhaus 1938, © Privatbesitz


Eine Zäsur für die Mitglieder des Vereins war sicher, wie in vielen anderen Bereichen, die veränderte ökonomische Grundlage nach 1989. So wurde in der DDR der Bestäubung durch Bienen in der Landwirtschaft größere Bedeutung zugemessen und dementsprechend gefördert mit Bienenhaltungsprämien (7 M/MDN pro Volk) und Bestäubungsgeld für Wanderimker (20 M/MDN pro Volk). Dieser mobile Erwerbszweig der Tauchaer Imkerzunft mit ihren großen Bienenwagen erstarb völlig. Folgerichtig gingen die Imkerzahlen nach der Wende zurück, auch wenn heute noch einige der ergrauten Wanderimker das Fundament des Vereinslebens mit ihrem Wissen und ihrer Begeisterung prägen. Zum lebendigen Fortbestand des Vereins trugen sicherlich so schillernde Figuren wie Horst Langner – ältere TauchaerInnen werden sich erinnern – bei, der dem Verein 1981 bis 1997 vorstand. In diese Zeit fällt auch die Vereinigung mit dem Theklaer Imkerverein 1996.

Heute hingegen hat die im Verein organisierte Bienen-Fangemeinde ihren historischen Höchststand mit 32 MitgliederInnen erreicht, für den nicht zuletzt auch der seit 2007 amtierende Vereinsvorsitzende Günther Beer verantwortlich ist und die durch ihn geprägte Atmosphäre aus einer Mischung von Tradition und Offenheit gegenüber Neuem, von Small Talk und konzentrierten Fachgesprächen.

Garrelt v. Eshen, seit 1984 Mitglied und Urgestein des Vereins, kümmert sich mit seinen Lehrveranstaltungen für SchülerInnen hingebungsvoll um den zukünftigen Vereinsnachwuchs.

Superorganismus trifft Fangemeinde

Was aber bewegt „unbescholtene“ Menschen, sich mit den kleinen, trotz Pelz unkuschelbaren, zuweilen schmerzhaft unleidlichen Sechsbeinern mit Propeller abzugeben, die so gar nichts mit der süßen, schwarz-gelb gestreiften, wissbegierigen Göre Maja zu tun haben? Die zudem seit über 100 Millionen Jahren in genügsamer Perfektion auch ohne – und hoffentlich weiterhin trotz – uns Menschen ihr ganz eigenes Ding durchziehen. Auf jeden Fall ist es das Staunen über die vollendete, immer wieder überraschende evolutionäre Intelligenz des Superorganismus Bien (das Bienenvolk auf Fachchinesisch) und seine unverzichtbare Rolle in den Kreisläufen der Natur.

Wer hats erfunden?

Für des Berufs- und Hobbyimkers Stolz und Trachten ist natürlich der möglichst reichhaltig fließende Süßstoff namens Honig verantwortlich. Vermutlich haben schon – nicht als Erste – die Neandertaler, wenn irgend erreichbar, die streng bewachten süßen „Früchte“ der Bienenarbeit aus ihren Baumhöhlen zu klauen versucht. Das Ganze aber auf schmerzfreiere, professionelle Füße zu stellen, war wohl erst eine Geschäftsidee des 2. Jahrtausends vor Marias Seitensprung. Wer hats erfunden? Vermutlich die Ägypter – zumindest findet man hier die ersten Darstellungen von imkerlicher Betätigung an extra geschaffenen Behausungen für die Biene, den Beuten.

Von da an begann wohl auch die Bienenzucht als Ausleseprozess, um Verlässlichkeit und Menge bei der Honigproduktion zu optimieren. Schließlich war in Europa bis zur Zuckerherstellung aus der Rübe um 1800 Honig häufig das einzige verfügbare, d.h. bezahlbare Süßungsmittel, abgesehen vom eher exklusiven Zuckerrohrextrakt für die Wohlhabenden.

Heute arbeiten wir als (Hobby-)ImkerInnen weitgehend noch mit den Methoden und Gerätschaften, die aus der innovativen Blütezeit der Imkerei seit Mitte des 19. Jahrhunderts stammen. Die in der Annonce (s. Abb. oben) wortmächtig zitierte „Imkerialgröße“ Dzierzón war einer dieser Bienenforscher und – so würde man heute sagen – angesagter Influencer seiner Zunft.

Faszination und Naturschutz plus Verantwortung

Eine gravierende Verfahrensänderung in der modernen Imkerei allerdings wurde nötig durch die Katastrophe des flächendeckenden Bienensterbens in den 1960-/70er Jahren, verursacht durch eine Milbe mit dem Horrorfilm-reifen Namen Varroa Destructor. Die Eindämmung der tödlichen Folgewirkungen der Milbe auf die Bienenpopulation ist heute zwar machbar durch Behandlung mit natürlichen Gegenmitteln wie Ameisensäure o.a. – selbst die (gentechnikfreie) Züchtung Varroa-resistenter Arten gelingt zunehmend –, aber immer noch nicht garantiert. Gerade, um hier quasi immer einen Schritt vor der Milbe und anderen Bienenerkrankungen zu sein, ist es so wichtig, sich auch als Kleinst-Hobbyimker das Rüstzeug für das Wohlergehen der Bienen in einem gut gelaunten Imkerverein anzueignen.